DIE GESCHICHTE

RITTERGUT LÜNING

Die Familie Lüning  kam über Quakenbrück und Verden nach Sulingen und erwarb 1773 vom seinerzeitigen Bürgermeister Krämer einen Hof und das heutige Wohnhaus Lange Str. 69, der durch den weiteren Kauf des Sulinger Junkernhofs zu einem Rittergut  ausgebaut wurde.  Christoph Friedrich Lüning errichtete 1779 eine landwirtschaftliche Kornbrennerei. Von der kurfürstlichen Regierung aus Hannover erhielt er die Rechte zur Führung  der ersten Postrelais Station.

Nach seinem Tode übernahm Rudolf Friedrich Lüning den Betrieb und baute ihn durch den Kauf eines weiteren Hofes in Feldhausen vor den Toren Sulingen weiter aus. Dessen Nachfolger Karl Justus Rudolph Lüning erwarb 1880 die Wassermühle des Mühlenhofes zum Zwecke der Getreideschrotung für die Brennerei. Er war studierter Ingenieur und nahm in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Hannover umfangreiche Modernisierungen im Brennereiwesen vor, die seinerzeit für Deutschland richtungsweisend waren.

Eine Turbine für die Wassermühle und ein großer Ziegelschornstein für die Kornbrennerei wurden um 1905 installiert. Die Kornbrennerei wurde eine Dampfkornbrennerei.. 1912 übernahm Rudolf Gottfried Lüning Rittergut und Brennerei. Politisch stark engagiert wurde er Bürgermeister und Mitbegründer der Sparkasse zu Sulingen.

Um 1980 erweiterte Ernst Eckart Lüning das Sortiment der Brennerei und führte den Weinhandel ein. Durch umfangreiche Renovierungen und Rückbau des alten Kaufhauses Ranck an der Kirchenkreuzung gliederte er das Gebäude wieder in das historische Stadtbild ein und benannte den Weinhandel nach der ursprünglichen Nutzung als Sulinger Stadtwache „Alte Wache“.

Der Erhalt und die langfristige Weiterführung der seit fast 300 Jahren im Familienbesitz befindlichen Betriebe und der zugehörigen historischen Bausubstanz ist Ziel der heutigen Generationen und führte zur Umwandlung der Betriebe in mehrere gemeinnützige Stiftungen.

 

KORNBRENNEREI

Wie bereits erwähnt verfügt das Rittergut Lüning seit dem Jahre 1779 über eine Kornbrennerei, welche damals von Christoph Friedrich Lüning installiert und von seinem Enkel dem Ingenieur Karl Justus Rudolf Lüning ( 1832 -1912 ) in den Jahren 1900 – 1906 grundlegend modernisiert wurde.

So wurde das Wasserrad durch eine Turbine ersetzt und ein großer Ziegelschornstein errichtet, welcher heute noch exponiert zwischen dem Wohnhaus und der Brennerei steht.

Bis 1922 wurde in der Brennerei Alkohol für den freien Markt erzeugt und selbst vermarktet.

Am 08. April 1922 trat das Bundesmonopolgesetz in Kraft und die bestehenden Brennereien wurden mit einem Brennrecht ausgestattet. Die Lüning´sche Brennerei erhielt damals ein Brennerecht von 619 hl, welches von der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein ( BfB ) verwaltet wurde.

Die BfB knüpfte das Brennrecht an landwirtschaftliche Ackerflächen und legte jedes Jahr die zu produzierende Menge Alkohol in Liter Alkohol 100% vol ( LA )  neu fest.

Die Brennereianlage bestand in dem Betrieb immer aus zwei Brennstufen. Der Raubrandstufe ( Kontiverfahren ) und der Rektifikationsstufe ( Batchverfahren ).

Die Raubrandstufe ist eine Kolonne,  welche aus Kupfer besteht und mit 16 sogenannten Glockenböden ausgestattet ist. Diese Glockenböden stellen durch den Siphon-Effekt pro Boden praktisch einen Destillationsvorgang dar. In diesem Fall wären es also 16 Destillationen, um einen Alkoholgehalt des Raubrands von ca. 84,5 % vol ALK. zu erhalten.

Im oberen Teil der 8 Meter hohen Kupfer-Kolonne befindet sich noch der ebenfalls aus Kupfer bestehende Dephlegmator, welcher durch ständige Wasserkühlung verhindert, das die erzeugten Branntweindämpfe zu schnell in den Kondensator gelangen und verflüssigen.

Diese gewollte Handbremse erzeugt das erste volle Weizen-Aroma im Raubrand, welcher nun im zweiten Arbeitsgang in der Rektifikationskolonne zu Feinbrand wurde.

Dazu zieht man die Brennblase mit einem Teil Raubrand, einem Teil Vor- und Nachlauf vom Vortag sowie einem Teil Wasser auf. Daher auch der Begriff Batchverfahren, da die Destille immer wieder aufs neue befüllt werden muss. Die Raubrandkolonne hingegen wird kontinuierlich mit Weizenmaische befüllt und entleert, bis die 4000 ltr. Weizenmaische des Gärbehälters vollständig verarbeitet sind.

Die Feinbrennblase verfügt ebenfalls über Glockenböden und kommt so auf einen Alkoholgehalt von 96 % vol Alkohol.

Um den Vorlauf vom Mittellaufs zu trennen hatte der damalige Brennmeister einerseits seinen zeitlichen Ablauf und das gewisse Fingerspitzengefühl für die Anlage, aber auch einen kleinen Zapfhahn zur Probenentnahme. 

Diese kleine sensorische Überprüfung vor dem Umschalten vom Vorlaufbehälter auf den Haupttank des Mittellauf war dem einem oder anderen Sulinger natürlich bekannt. So kamen sie zu dem bestimmten Zeitpunkt am Tag, natürlich rein zufällig, an der Brennerei vorbei und spekulierten auf die kleine Schnapsprobe des Sulinger Korn´s, welche oft durch das Fenster an der Langen Straße vom Brennmeister persönlich gereicht wurde. Später für den Nachlauf gab es natürlich keine Abnehmer, weil sie ja wussten, dass der Geschmack des Nachlaufs nicht mehr ihren hohen Qualitätsansprüchen genügte.

Seit dem 01. Januar 2018 gibt es das strenge Branntweinmonopolgesetz nicht mehr, womit eine Reihe von verschiedenen Gesetzen bzgl. der Branntweinerzeugung gelockert wurden.

Somit beschäftigt sich die Familie Lüning nun wieder in der 7. Generation mit dem Thema der auf die hauseigenen Qualitäts- und Geschmackskriterien abgestimmte  Feinbranderzeugung unter Anwendung der Jahrhunderte alte, von Generation zu Generation, übermittelte Erfahrung an.

Hierzu ist die Installation einer maßgeschneiderten Brennblase im Batchverfahren  für die Zukunft geplant. Wer weiß, vielleicht öffnet sich das kleine Fenster an der Langen Straße wieder und es wird über den richtigen Zeitpunkt der Trennung von Vor- und Mittellauf, nach einer Probe Sulinger Korn´s, philosophiert.

Bi den goden Sulinger Korn,
sün die Sulinger old bi worn.